Leistungselektronik


Stand: 2004-03

Thomas Mertin
Netzwerk- und Elektrotechnik

D-41334 Nettetal

Der Vierquadrantenbetrieb

1. Ankerkreisumschaltung

Die einfachste Methode, den Ankerstrom in der Gleichstrommaschine und damit auch die Drehmomentrichtung umzukehren, ist die Ankerkreisumschaltung mit Schützen.

Mehrquadrantenbetrieb mit Ankerkreisumschaltung, Funktionsweise

II. Quadrant
Schütz Linkslauf Ein; und zwar so einstellen, daß ist und mit vorgewählten Strom gebremst wird; Stromrichter in Wechselrichterbetrieb; Generator in Rechtslauf (Bremsen)

I. Quadrant
Schütz Rechtslauf Ein; Stromrichter in Gleichrichterbetrieb; Motor Rechtslauf
Bremsen einleiten: schneller Stromabbau; bei I = 0 Schütz Rechtslauf Aus und Impulssperre

III. Quadrant
Schütz Linkslauf Ein; Stromrichter in Gleichrichterbetrieb; Motor Linkslauf
Bremsen einleiten: schneller Stromabbau; bei I = 0 Schütz Linkslauf Aus und Impulssperre

IV. Quadrant
Schütz Rechtslauf Ein; und zwar so einstellen, daß ist und mit vorgewählten Strom gebremst wird; Stromrichter in Wechselrichterbetrieb; Generator in Linkslauf (Bremsen)

Da nur ein Stromrichter vorhanden ist, muß beim Wechsel der Drehmomentrichtung die Gleichstrommaschine stets umgekehrt an den Stromrichter angeschlossen und dessen Ausgangsspannung durch Umsteuern von Gleichrichter- in den Wechselrichterbetrieb bzw. umgekehrt umgepolt werden. Die Umschaltung der Wendeschütze erfolgt dabei immer im stromlosen Zustand und wird durch die Kommandostufe gesteuert. Dazu erhält sie vom Drehzahlregler die Information über die angeforderte Momentrichtung und von der Stromistwerterfassung das Signal für Ankerstrom Null.

Beim Umschaltvorgang tritt eine stromlose und damit auch momentfreie Pause auf, die während der der Antrieb nicht geführt ist. Sie wird im wesentlichen durch die Umschaltzeit der Wendeschütze bestimmt und beträgt je nach Schützgröße 100...200ms. Die Ankerkreisumschaltung eignet sich deshalb nur für einfache Antriebe, bei denen die drehmomentfreie Pause nicht stört und deren Leistung mit Rücksicht auf die verfügbaren Schütze etwa 300kW nicht überschreitet. Für Antriebe mit häufiger Drehmomentumkehr ist sie wegen der begrenzten Lebensdauer der Schütze nicht geeignet.

Eine weitere einfache Methode, die Drehmomentrichtung der Gleichstrommaschine umzukehren, ist die Erregerkreisumschaltung mit Schützen. Bei diesem Verfahren muß jedoch eine wesentlich größere drehmomentfreie Pause von etwa 0,5...2s in Kauf genommen werden, da die hohe Induktivität des Erregerkreises nur ein entsprechend langsamen Abbau und Aufbau des Erregerflußes gestattet. Die Erregerkreisumschaltung ist ebenso wie die Ankerkreisumschaltung nur für einfache Antriebe mit gelegentlicher Drehmomentumkehr geeignet. Praktisch eingesetzt wird sie meist nur zum Stillsetzen von Antrieben, z.B. bei elektrischer Notbremsung.

Mehrquadrantenantrieb mit Ankerkreisumschaltung, Prinzipschaltung

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2. Kreisstromfreie Gegenparallelschaltung

Bei dieser Schaltung wird je nach Drehmomentrichtung und Betriebsart "Treiben" oder "Bremsen" ein Stromrichter im Gleichrichter- oder Wechselrichterbetrieb gesteuert, während die Impulse für den jeweils anderen Stromrichter gesperrt sind. Die Umschaltung zwischen den Stromrichtern erfolgt jeweils beim Wechsel der Drehmomentrichtung.

Mehrquadrantenbetrieb mit kreisstromfreier Gegenparallelschaltung, Funktionsweise

II. Quadrant
Stromrichter 2 Ein; und zwar so einstellen, daß ist und mit vorgewählten Strom gebremst wird; Stromrichter in Wechselrichterbetrieb; Generator in Rechtslauf (Bremsen)

I. Quadrant
Stromrichter 1 Ein; Stromrichter in Gleichrichterbetrieb; Motor Rechtslauf
Bremsen einleiten: schneller Stromabbau; bei I = 0 Stromrichter 1 Aus und Impulssperre

III. Quadrant
Stromrichter 2 Ein; Stromrichter in Gleichrichterbetrieb; Motor Linkslauf
Bremsen einleiten: schneller Stromabbau; bei I = 0 Stromrichter 2 Aus und Impulssperre

IV. Quadrant
Stromrichter 1 Ein; und zwar so einstellen, daß ist und mit vorgewählten Strom gebremst wird; Stromrichter in Wechselrichterbetrieb; Generator in Linkslauf (Bremsen)

Da stets nur einer der beiden Stromrichter in Betrieb ist, können sie auf der Netzseite galvanisch miteinander verbunden und über eine Kommutierungsdrossel ans Netz oder an eine Trafo Sekundärwicklung angeschlossen werden.

In der Schaltung wird die Gleichstrommaschine über einen Zweifachstromrichter mit direkter Antiparallelschaltung der Thyristoren gespeist. Stromistwerterfassung, Stromregler und Steuersatz sind nur einmal vorhanden, wobei letzterer jedoch zwei Impulsausgänge besitzt, die je nach Drehmomentrichtung wechselweise freigegeben werden. Die Umschaltung der Steuerimpulse sowie die gemäß bei dieser Schaltung notwendige Vorzeichenanpassung des Stromwertsignals und der Stromregler Ausgangsspannung wird durch die Kommandostufe gesteuert.

Mehrquadrantenantrieb mit kreisstromfreier Gegenparallelschaltung, Prinzipschaltung

Ein Umschaltvorgang läuft dabei wie folgt ab:

  1. Erfassung des Vorzeichenwechsels der Drehzahlregler-Ausgangsspannung.
  2. Begrenzen der Drehzahlregler-Ausgangsspannung und Verschieben der Steuerimpulse an die Wechselrichtertrittgrenze; dadurch schneller Stromabbau.
  3. Nach Strom Null Meldung Löschen der Steuerimpulse für die bisherige Momentenrichtung. Vorzeichenumkehr des Stromistwertsignals und der Stromregler-Ausgangsspannung.
  4. Aufheben der Drehzahlregler-Begrenzung und Freigabe der Steuerimpulse für die neue Momentenrichtung. Vorlaufen der Impulse auf den neuen Arbeitspunkt.

Die stromlose Umschaltung zwischen den beiden Stromrichtern verursacht eine drehmomentfreie Pause von 2...10ms. Sie ist damit so klein, daß auch dynamisch anspruchsvolle Antriebe meist mit der kreisstromfreien Gegenparallelschaltung betrieben werden können.


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3. Kreissstromführende Stromrichter

Der kreisstromführende Stromrichter ermöglicht einen Betrieb des Antriebes mit kontinuierlicher Ankerstromumkehr ohne drehmomentfreie Pause. Bei dieser Schaltung werden beide Stromrichter wechselstrommäßig galvanisch entkoppelt an das Netz angeschlossen und auf der Gleichstromseite über Kreisstromdrosseln miteinander verbunden.

Mehrquadrantenbetrieb mit kreisstromführendem Stromrichter, Funktionsweise

Steuerungsbedingung:

II. Quadrant
Stromrichter 1 ; Stromrichter 2  => Stromrichter 1 in Gleichrichterbetrieb und Stromrichter 2 in Wechselrichterbetrieb; Generator Rechtslauf ; Stromrichter 1 führt und Stromrichter 2 führt ; bei

I. Quadrant
Stromrichter 1 ; Stromrichter 2 => Stromrichter 1 in Gleichrichterbetrieb und Stromrichter 2 in Wechselrichterbetrieb; Motor Rechtslauf ; Stromrichter 1 führt und Stromrichter 2 führt

III. Quadrant
Stromrichter 2 ; Stromrichter 1 => Stromrichter 2 in Gleichrichterbetrieb und Stromrichter 1 in Wechselrichterbetrieb; Motor Linkslauf ; Stromrichter 2 führt und Stromrichter 1 führt

IV. Quadrant
Stromrichter 2 ; Stromrichter 1 => Stromrichter 2 in Gleichrichterbetrieb und Stromrichter 1 in Wechselrichterbetrieb; Generator Linkslauf ; Stromrichter 2 führt und Stromrichter 1 führt ; bei

Mehrquadrantenantrieb mit kreisstromführendem Stromrichter, Prinzipschaltung

Beide Stromrichter sind dauernd im Betrieb und so ausgesteuert, daß die Gleichspannungsmittelwerte im Betrag gleich groß, die Augenblickswerte sind jedoch verschieden groß. Da sich jedoch die Augenblickswerte dieser Spannungen unterscheiden, tritt zwischen den beiden Stromrichtern eine Kreisspannung (Wechselspannung) auf, die nach Maßgabe der Kreisstromdrosseln einen Kreisstrom verursacht, der nicht über die Gleichstrommaschine fließt. Dieser Kreisstrom wird so geregelt, daß unabhängig von der Ansteuerung auch beim Ankerstrom Null ein Lückbetrieb der Stromrichter sicher vermieden wird.

Bei der Betriebsart Treiben ist die Stromrichterspannung größer als die induzierte Maschinenspannung, der Stromrichter im Gleichrichterbetrieb führt den Ankerstrom und der Stromrichter im Wechselrichterbetrieb nur den Kreisstrom.

Bei der Betriebsart Bremsen ist die Stromrichterspannung kleiner als die induzierte Maschinenspannung. Demzufolge führt der Stromrichter im Wechselrichterbetrieb den Ankerstrom und der Stromrichter im Gleichrichterbetrieb nur Kreisstrom. Beim Übergang von Treiben auf Bremsen bei gleicher Drehrichtung behalten beide Stromrichter ihren jeweiligen Betriebszustand bei. Die zum Bremsen erforderliche Umkehr des Ankerstromes wird allein dadurch erreicht, daß die Stromrichterspannung unter die induzierte Maschinenspannung abgesenkt wird. Entsprechendes gilt für den umgekehrten Vorgang. Die Betriebsweise der Stromrichter wird nur bei einer Umkehr der Drehrichtung geändert.

In der Schaltung sind die beiden Stromrichter galvanisch entkoppelt an getrennte Sekundärwicklungen eines Trafos angeschlossen. Da sie dauernd in Betrieb sind, ist für jeden Stromrichter je ein Steuersatz, ein Stromregler und eine Stromistwerterfassung vorhanden. Je nach Polarität der Drehzahlregler-Ausgangsspannung wird immer ein Stromregler mit Ankerstrom- und Kreisstromsollwert und ein Stromregler nur mit Kreisstromsollwert beauftragt.

Der kreisstromführende Stromrichter erfordert insbesondere im Leistungsteil einen sehr hohen Geräteaufwand. Sie wird deshalb heute zunehmend durch die kreisstromfreie Gegenparallelschaltung verdrängt und nur noch in Sonderfällen eingesetzt.


αI = 60°; αII = 120°


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